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Der Bus faehrt die Nacht durch und kommt gegen neun Uhr morgens in Tabriz an. Die Gegend ist, wie mir die Leute im Bus erklaeren, kurdisch, und die meisten im Bus sind Kurden. Als es hell wird, erweist sich Iranisch-Kurdistan als bergig, braun und frueh morgens fuer diesen Breitengrad bereits ziemlich kalt. Der Kaukasus schliesst sich unmittelbar im Norden an, und von Tabriz verkehren regelmaessig Busse in das benachbarte Armenien und nach Georgien.

Im Radio laeuft fuer mehr als eine Stunde ein Programm, in dem eine etwas rauhe Frauenstimme auf persisch dramatische Texte vortraegt. Das ganze ist mit leichter persischer Musik unterlegt und schlaegt die beiden Busfahrer in seinen Bann. Obwohl ich kein Wort verstehen kann, klingt das ganz sehr huebsch und passt zu der draussen vorbeiziehenden, etwas monotonen Landschaft. Gleiches hatte ich schon im Bus von Maschhad nach Tehran erlebt, und spaeter ebenfalls in einem Tehraner Taxi. Zuerst konnte ich mir keinen Reim auf diese Sendungen machen, aber dann hatte mir Nils, der junge deutsche Diplomat aus Tehran, ihren Sinn erklaert: es handelt sich um den Vortrag alter persischer Gedichte. Die Iraner lieben Poesie, und vor allem die alten persischen Dichter wie etwa Hafez. Manchmal, so hatte mir Nils erzaehlt, singen die Taxifahrer sogar leise Hafez-Verse vor sich hin. Das Land beginnt mir immer zu gefallen, je laenger ich hier bin. Zudem kann ich mir keinen deutschen Busfahrer vorstellen, der begeistert eine Eichendorff-Lesung mit leichter Klassikbegleitung in seinem Bus laufen laesst, oder Taxifahrer, die etwas von Walther von der Vogelweide vor sich hinsummen, obwohl letzteres in Berlin natuerlich nicht ganz ausgeschlossen ist.

Mit der Hilfe zweier Studenten finde ich das "Hotel Maschhad" in der Naehe des Basars. Das schoene im Iran ist, dass man sofort von freundlichen Passanten oder Mitpassagieren Hilfe angeboten bekommt, wenn man suchend auf einen Stadtplan schaut oder einen verlorenen Eindruck macht. Es ist wirklich ganz wunderbar.

Das "Hotel Maschhad" hat ein kleines Cafe, und ich ueberlege bei einem Fruehstueck, ob ich mich nicht lieber gleich nach Bazargan an der tuerkischen Grenze aufmachen soll, da es noch relativ frueh am morgen ist. Zwar wirkt Tabriz vom ersten Eindruck her recht anziehend, aber eigentlich habe ich genug von Staedten und der Routine Bus-Stadt-Hotel. Am liebsten wuerde ich eine Wanderung machen oder zelten, und deshalb zieht es mich nach Dogubayazit zu dem Campingplatz, von dem der kanadische Radfahrer in Eshafan erzaehlt hatte. Schliesslich entschiesse ich mich doch fuer eine Nacht in Tabriz zu bleiben und am naechsten morgen sehr frueh zu starten.

Am Nachmittag gehe ich durch den riesigen Basar, der insgesamt ueber drei Kilometer lang und eine kleine Stadt fuer sich ist. Basar bedeutet, dass sich die Geschaefte in verwinkelten Gassen oder vielmehr Gaengen befinden, die von spitzen Steingewoelben ueberdacht sind. Das ganze sieht fast gotisch aus, so als ob in einem Seitenschiff den Koelner Doms ploetzlich eine Geschaeftsstrasse entstanden waere. Aehnlich wie im Koelner Dom herrscht auch hier Hochbetrieb, Leute mit Transportkarren und manchmal auch auf Motorraedern draengen sich durch die Menge, und man muss aufpassen, nicht umgefahren zu werden. Dafuer gibt es alles zu kaufen, Granataepfel, Teppiche, Ladentheken, Wasserpfeifen, Spitzhacken, Goldketten, einfach alles, und bestimmt auch das im Iran so beliebte, weil illegale "Tuborg Super-Strong".
 

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