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Dank des Busfahrers, der morgens einfach nicht auftaucht und dafuer alle Grenzoffiziere gut zu kennen scheint, dauert es bis Mittags, bis wir die Grenzabfertigung passiert haben. Die jungen Grenzer scheinen von der Passlese-Software keine Ahnung zu haben, und so dauert die Ausreise pro Person etwa fuenf Minuten. Dabei kann ich einen Blick auf den Bildschirm werfen, auf dem alle meine gespeicherten Daten erscheinen; das ganze sieht ziemlich detailliert aus.

Von der Grenzabfertigung faehrt der Bus einen braunen Flusslaufentlang bis zur eigentlichen Grenzlinie; ein chinesischer Soldat kontrolliert erneut die Paesse. Auf einen Berghang ist mit bunten Steinen eine riesige chinesische Flagge gelegt. Neben einem Wachturm steht ein brandneuer Jeep, und neben einer Gruppe von olivgruenen Grenzern steht ein einzelner, westlicher Fahrradfahrer neben seinem Mountainbike. Er ist anscheinen soeben aus Kirgisien heruebergekommen, und die Grenzer wirken etwas ratlos.

Dann rollt der Bus etwa hundert Meter weiter und haelt neben rot-gelben Grenzpfaehlen und einem niedrigen elektrischen Zaun mit Stachendraht oben drauf, der mehr wie ein Weidezaun aussieht, dahinter steht eine baufaellige Baracke, vor der ein paar Gestalten in Uniform Waesche einem Bach waschen und Fussball mit einer Plastikflasche spielen. Der erste kirgisische Posten. Fuer zwei Stunden passiert, aus unerfindlichen Gruenden, absolut nichts.

Nachmittags, wir haben zu diesem Zeitpunkt etwa fuenf Kilometer zurueckgelegt, faehrt der Bus einen weiteren Kilometer bis zu einer alten, vollkommen heruntergekommen kirgisischen Grenzstation. Auch hier dauert es Stunden, bis alle ihren Stempel im Pass haben. Vor der Grenze stauen sich Lastwagen, die alle Eisenschrott geladen haben; anscheinend das einzige Exportgut des Landes nach China.

Einer der Grenzer, der ein wenig englisch spricht, traegt eine brandneue Uniform offenbar amerikanischer Herkunft und eine riesige schwarze Sonnenbrille. Er ist hoechstens neunzehn Jahre alt, und das ganze wirkt wie eine Karnevalsverkleidung. Schwarze Cop-Sonnenbrillen sind bei unserioesen Amtstraegern auf der ganzen Welt beliebt, warum auch immer, vermutlich liegt das an Hollywood und an “Top Gun”.

Am spaeten Nachmittag fahren wir weiter und halten wieder nach fuenf Kilometern, diesmal macht der Busfahrer Pause. Schliesslich fordert der finnische Pastor alle zum Weiterfahren auf und bezeichnet die Leute in lautem Russisch als “Egoisti”, die Stimmung ist schlecht, und im Bus haben sich Einheimische und Touristen in zwei Gruppen gespalten. Ich denke an meine Busfahrt nach Kashgar, und beschliesse, in Osh mich so schnell wie moeglich von der Gruppe zu trennen. Die Strasse ist schlecht, die Aussicht dafuer phantastisch. Ploetzlich ist alles viel gruener als auf der chinesischen Seite, und vereinzelt sind Hirten mit ihren Tieren zu sehen. Die ersten Ortschaften bestehen aus russisch aussehenden Holzhaeusern.

Wir erreichen Osh schliesslich gegen zwei Uhr morgens. Ich komme im “Hotel Sara” unter, und alles was ich von Osh sehe, sieht nach Birken und einer verschlafenen russischen Kleinstadt aus. Der Pfarrer wird mit seinen Gefolgsleuten am naechsten morgen nach Bischkek weiterfahren, aber ich bin zu muede um mich jetzt dazu entscheiden, mit ihnen morgen ein Taxi zu teilen.
 

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