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In Bischkek ist es buchstaeblich ueber Nacht Herbst geworden, und alle haben ihre Winterjacken hervorgeholt. Dies sei ganz normal, versichern alle, der Herbst fange am 15. September an.

Mit einer alten Anotonow-24 Propellermaschine fliege ich zurueck nach Osh. Zwar sind Bischkek und Taschkent, mein naechstes Ziel, mit einer Schnellstrasse verbunden, diese fuehrt jedoch ein kleines Stueck durch Kasachstan, und das noetige Transitvisum waere, von der Wartezeit ganz abgesehen, genauso teuer wie das Flugticket gewesen.

Am "Manas International Airport" in Bischkek stehen Tankflugzeuge der amerikanischen Luftwaffe auf dem Vorfeld, ein weiteres trifft ein, als ich auf den Abflug warte, ein anderes fliegt ab. Im Luftraum ueber dem Irak scheint einiges los zu sein. Der Flug nach Osh dauert nur eine Stunde und ueberquert das Gebirge, das die beiden Landeshaelften Kirgisiens trennt. Die Schneefelder und Gletscher reichen hoch hinauf. Die russische Sterwardess der "Altin Airways" serviert Tee und einen in grobes Wachspapier eingewickelten Keks.

Vom Flugplatz in Osh sind es nur wenige Kilometer bis zur kirgisisch/usbekischen Grenze. Der kirgisische Grenzer sitzt hinter einer Schulbank an der Strasse und traegt mit einem Kugelschreiber meinen Namen und die Nummer meines Reisepasses in ein abgewetztes Buch ein, das ausieht wie ein dickes Rechenheft. Einen Ausreisestempel bekommt offenbar niemand.

Jenseits der Grenze sieht es im Grunde genauso aus wie in Osh, und die Grenze wirkt daher mehr wie eine auf Dauer angelegte Strassensperre. Jedoch sind mehr usbeksiche Frauen mit bunten Gewaendern und goldenen Zaehnen auf der Strasse, und in dem Bus nach Andijan. Von dort will ich ein Sammeltaxi nach Taschkent nehmen.

Im Taxi treffe ich Faruk und Umid, die auf dem Weg zu der Hochzeit eines Freundes in Bukhara sind. Sie laden mich kurzerhand auch ein und versichern mir, es sei in Usbekistan vollkommen normal, dass man das Hochzeitspaar nicht kennt, und ausserdem wuerde sich ihr Freund ueber auslaendische Gaeste besonders freuen. Zur iranischen Botschaft koenne ich ja auch am Montag gehen. Wir fahren durch das Fergana Tal und versuchen an einer Tankstelle Benzin zu bekommen, vor der sich eine lange Autoschlange gebildet hat. Es gaebe kein Benzin mehr, seitdem es auf Beschluss des usbekischen Staatspraesidenten Islam Karimow zur Schuldentilgung ins Ausland verkauft wird. Bei Dunkelheit erreichen wir die Aussenbezirke von Taschkent, und steigen in einen Minibus nach Bukhara um. Bei Morgengrauen kommen wir in einem Dorf in der Naehe von Bukhara an, wo wir und bei einem Freund von Umid ein paar Stunden ausruhen. Das alles erscheint wie eine Art Traum.

Die Hochzeit findet in den Elternhaeusern von Umid (wie der Braeutigam ebenfalls heisst) und Marjam statt. Es kommen hunderte von Gaesten. Am Freitag laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren: im Innenhof des Anwesens von Umids Eltern stellen wir Baenke auf, ein etwa zwoelfjaehriger Cousin von Umid schlachtet ein Schaf, andere heben eine Grube fuer das Feuer aus, ueber dem spaeter das beruehmte "Osh" in einem riesigen Kessel zubereitet werden soll.

Am Samstag kommen schliesslich wirklich hunderte von Gaesten. Das Brautpaar steht stundenlang hinter einem reichgedeckten Tisch und verneigt sich ab und zu, um, so wird mir erklaert, den Gaesten Respekt zu zollen. Die Gaeste nehmen davor scheinbar nur am Rande Notiz und sind dabei, die Massen an Speisen zu vertilgen, die unablaessig herangetraegn werden. In der Mitte des Hofes spielt eine Kapelle usbekische Musik, die fast so wie tuerkische Musik klingt. Abends wiederholt sich das ganze im Hause der Braut, bloss das hier das Brautpaar nicht hinter einem Tisch, sondern in einem eigens aufgebauten Kasten blinkenden Kasten steht, der aussieht wie eine Schiessbude auf einem Jahrmarkt.

Am Sonntag schaffen wir es sogar, kurz Bukhara selbst zu besichtigen: die Stadt ist alt, und ein Meisterwerk islamischer Architektur, mit blauen Kuppeln und reichverzierten, gekachelten Waenden.
 

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