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Maschhad ist eine Pilgerstadt, und voller iranischer Touristen. Suedlich der Stadt liegt eine kahle, gelbe Bergkette. Scheinbar liegt Maschhad ziemlich hoch, und man hat den Eindruck, sich im Gebirge zu befinden.

Die Frauen tragen, wie man es von Bildern kennt, schwarze Schleier, und die Maenner haben zumeist Schnauz- oder Vollbaerte. Zuweilen kommen enem ernst aussehende religioese Gelehrte in langen, wehenden Gewaendern entgegen, die den Koran unter dem Arm tragen. Dennoch ist der Iran ganz unverkennbar modern, zivilisiert und, wie soll man es anders sagen, im Grunde westlich. Das ist eine grosse Ueberraschung.

Der Hauptgrund als Muslim nach Maschhad zu kommen ist der Schrein im Zentrum der Stadt. Das Gelaende steht auch Nichtmuslimen und damit mir offen. Gerade werden sechs neue, riesige Minarette aus Beton errichtet, schon von weitem sichtbat sind.

Das Wort "Schrein" suggeriert vielleicht etwas kleines und altes, der Schrein in Maschhad ist jedoch eine gigantische Anlage, die auf zehntausende, wenn nicht sogar hunderttausende von Pilgern ausgerichtet ist. Man betritt das Gelaende durch eine Pforte, in der man von Mitarbeitern des Schreins etwas nachlaessig auf die verbotene Mitnahme von Kameras abgetastet wird. Andere Mitarbeiter mit schwarzen Muetzen sorgen etwa dafuer, dass Frauen nur die fuer Frauen vorgesehene Innenhoefe betreten und Maenner in den fuer Maenner bestimmten Gebetsbereich gehen. Als Zeichen ihres Amtes tragen sie grosse, bauschige Staubwedel in Regenbogenfarben, die man in Berlin in tuerkischen Supermaerkten kaufen kann. Das ganze sieht wirklich sehr seltsam aus.

Die Anlage ist neu und wird gerade erweitert. Die Gebaeude sind alter islamischer Architektur nachempfunden, in Wirklichkeit jedoch aus Beton, der mit einer bunten, gekachelten Fassade ueberzogen ist. Ich sitze morgens eine Weile in einem der Inennhoefe und denke, dass dies wirklich vielleicht nur eine Fassade ist, die die "Islamische Republik" aus ihren Grundsaetzen heraus errichtet hat.

Gegegen Abend kehre ich in die Anlage zurueck, und anders als am Morgen haben sich tausende von Glaeubigen versammelt. Es ist Donnerstag abend, und am naechsten Tag ist Freitag, der islamische Sonntag. Der Innenhof, in dem ich zuvor gesessen hatte, ist nun voll von Maennern, die auf Teppichen knien und beten. Gemaess des monotonen Gesangs des islamischen Priesters steht die Menge simultan auf, kniet nieder, verneigt sich, und steht wieder auf.

Auf bestimmte Weise scheint die Luft buchstaeblich energiegeladen. Man spuert die dichte, konzentrierte, spirituelle Athmosspaehre, die von den tausenden betenden Maennern hervorgerufen wird. Mit einem Mal wirkt der Schrein nicht mehr wie eine Kulisse, sondern wie ein religioeser Ort, dessen Wirkung man sich kaum entziehen kann.
 

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